Über Epidermolysis bullosa
Epidermolysis bullosa im Überblick
Was ist die Epidermolysis bullosa?
Der Begriff Epidermolysis bullosa (EB) bezeichnet eine Gruppe seltener und unheilbarer Erkrankungen, die durch eine pathologische Verletzlichkeit der Haut gekennzeichnet sind. Die Empfindsamkeit der Haut wird oft mit der Verletzlichkeit von Schmetterlingsflügeln verglichen, weshalb Betroffene auch häufig „Schmetterlingskinder“ genannt werden1.
Bei Menschen mit EB können sich bereits durch leichte mechanische Reize (z. B. Berührungen) oder geringe Umwelteinflüsse Blasen auf der Haut und/oder der Schleimhaut bilden. Wie stark die Symptome sind, hängt unter anderem vom Krankheitstyp und dem jeweiligen Subtyp ab. So kann die Symptomatik auf eine milde, lokal begrenzte Blasenbildung der Haut beschränkt sein oder aber verschiedenste Organe im gesamten Körper betreffen. In diesem Fall spricht man von einer Multisystem-Erkrankung.
In schweren Fällen kann die EB zu Behinderungen führen oder sogar die Lebenszeit verkürzen. Die EB ist eine genetisch bedingte Erkrankung, die meist bereits nach der Geburt oder im Säuglingsalter auftritt. In seltenen Fällen zeigen sich erste Symptome auch erst im fortgeschrittenen Alter2.
Bei der EB werden mehr als 30 Subtypen unterschieden, die in vier Haupttypen unterteilt werden:
- Epidermolysis bullosa simplex
- Junktionale Epidermolysis bullosa
- Dystrophe Epidermolysis bullosa
- Kindler Epidermolysis bullosa
Die verschiedenen Typen werden anhand der zugrundeliegenden genetischen Veränderungen (Genmutation), ihrer Vererbungsmuster, der Schwere der Hautschädigung und des genauen Ortes der Hautschädigung im Bereich der Basalmembranzone unterschieden. Die Basalmembranzone ist der Bereich zwischen der oberen Hautschicht (Epidermis) und der darunterliegenden Bindegewebsschicht (Dermis). Die Basalmembranzone dient als Verankerung zwischen diesen beiden Gewebeschichten und spielt eine wichtige Rolle bei der Stabilität der Haut.
Wie viele Betroffene gibt es?
Die Epidermolysis bullosa (EB) zählt zu den seltenen Erkrankungen und tritt gleich häufig bei Männern und Frauen auf. Zudem ist das Erkrankungsrisiko unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit3. Die Zahl der erkrankten Menschen wird weltweit auf ca. 500.000 geschätzt4.
Einer aktuellen Studie zufolge leben in Deutschland derzeit zwischen 1.800 und 2.000 Menschen mit einer diagnostizierten EB. Es wird allerdings von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen, sodass vermutlich sogar 4.000 bis 5.000 Menschen betroffen sind5. Schätzungen zufolge ist eines von 22.000 Neugeborenen in Deutschland von der EB betroffen6.
Wodurch wird die Epidermolysis bullosa verursacht?
Die Haut besteht aus mehreren Schichten, den sogenannten Epithelschichten. Diese bilden gemeinsam das Epithelgewebe, das von speziellen Strukturproteinen zusammengehalten, stabilisiert und an darunterliegende Gewebe verankert wird. Bei Menschen mit Epidermolysis bullosa (EB) führen Genmutationen, also Veränderungen eines Gens in der Erbinformation, zu einer fehlerhaften Herstellung dieser wichtigen Proteine. Infolgedessen verlieren die Hautschichten ihre nötige Stabilität und Haftfähigkeit, was zu einer besonderen Verletzlichkeit führt. Nach aktuellem Stand der Wissenschaft konnten bislang 16 verschiedene Gene identifiziert werden, deren Mutation mit einer EB in Verbindung steht2.
Wie wird die Epidermolysis bullosa vererbt?
Die Epidermolysis bullosa (EB) gehört zu den vererbbaren Erkrankungen. Das bedeutet, dass Betroffene die vorhandene Genmutation in ihrer DNA an ihre Nachkommen weitergeben und diese dann potenziell an EB erkranken können. Die Vererbung der Genmutation kann je nach Erkrankungstyp auf zwei Arten erfolgen:
1) Autosomal-rezessiv
Bei dieser Art der Vererbung zeigen beide Elternteile keine Symptome der EB-Erkrankung, sind jedoch Träger*innen der entsprechenden Genmutation. Da jeder Mensch zwei Kopien eines Gens besitzt – je eine auf jedem Chromosom – kann das intakte Gen auf dem anderen Chromosom die Funktion übernehmen und die Bildung funktionsfähiger Proteine ermöglichen, sodass keine Symptome auftreten. In diesem Fall kann die EB nur auftreten, wenn beide Elternteile das Mutation-tragende Gen an ihr Kind weitergeben. Das Risiko, dass ein Kind an EB erkrankt, wenn beide Elternteile Träger*innen eines mutierten Gens sind, liegt statistisch gesehen bei 25 %. Alle vier Krankheitstypen der EB können auf diese Weise vererbt werden1,7.
2) Autosomal-dominant
Während bei allen vier Krankheitstypen ein autosomal-rezessives Vererbungsmuster auftritt, ist bei der EB simplex und der dystrophen EB darüber hinaus auch eine autosomal-dominante Vererbung möglich. Dabei reicht die Weitergabe nur eines mutierten Gens von Mutter oder Vater aus, um eine EB-Erkrankung auszulösen. In diesem Fall kann das nichtmutierte Gen die Funktion des mutierten Gens nicht übernehmen. Das Risiko, dass unter diesen Umständen ein Kind an EB erkrankt, liegt statistisch gesehen bei 50 %1,7.
In seltenen Fällen kann es auch vorkommen, dass die EB erstmalig und spontan bei einem Kind auftritt, obwohl die Eltern keine entsprechende Mutation aufweisen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind diese neu aufgetretene EB-Mutation weitervererbt, liegt jedoch bei 50 %, da sie einem ausschließlich dominanten Erbgang folgt1.
Wie unterscheiden sich die vier Krankheitstypen der Epidermolysis bullosa?
Epidermolysis bullosa simplex
Epidermolysis bullosa simplex (EBS) ist der häufigste EB-Krankheitstyp und macht ungefähr 70 % aller Krankheitsfälle aus. Die Blasenbildung bei der EBS erfolgt vor allem in den höheren Hautschichten oder in den auf der Basalmembran aufliegenden Keratinozyten. Dabei handelt es sich um spezielle Zellen, die für die Produktion von Keratin (Hornsubstanz) zuständig sind. Die EBS wird bis auf wenige Ausnahmen autosomal-dominant vererbt. Nur in ca. 5 % der Fälle liegt ein autosomal-rezessives Vererbungsmuster vor2.
Die EBS geht mit vielen Subtypen und einer großen Vielfalt an Schweregraden einher7. Diese reichen von geringfügiger Blasenbildung an den Händen und Füßen bis hin zu Typen, bei denen es unter anderem zu Erkrankungen des Herzens (z. B. der Herzmuskulatur) und der Nieren kommen kann9,10. Schwere Ausprägungen der EBS können zudem die Lebenserwartung verringern9.
Junktionale Epidermolysis bullosa
Bei der junktionalen Epidermolysis bullosa (JEB) werden Blasen an der Basalmembran zwischen der oberen Hautschicht (Epidermis) und der darunterliegenden Bindegewebsschicht (Dermis) gebildet. Die JEB macht ungefähr 5 % aller EB-Fälle aus und wird autosomal-rezessiv vererbt2.
Zu den häufigsten JEB-Subtypen zählen der intermediäre und der schwere Typ9. Charakteristisch für alle JEB-Subtypen sind Veränderungen der Nagelform, -farbe und -struktur sowie des Nagelwachstums. Darüber hinaus kann es zu einem Verlust der Nägel kommen. Ansonsten ist die Symptomatik der JEB-Subtypen sehr variabel2,8.
Dystrophe Epidermolysis bullosa
Menschen mit dystropher Epidermolysis bullosa (DEB) zeigen eine Blasenbildung unterhalb der Basalmembran. Insgesamt weisen ca. 25 % der EB-Betroffenen eine DEB auf. Abhängig vom Subtyp erfolgt die Vererbung autosomal-rezessiv oder autosomal-dominant, wobei die rezessiv vererbten Typen meistens schwerwiegendere Krankheitsverläufe zur Folge haben2,9.
Bei mittelschweren bis schweren Subtypen ist im Lebensverlauf die Entwicklung von bösartigem Hautkrebs, sogenannter Plattenepithelkarzinome, möglich12.
Kindler Epidermolysis bullosa
Anders als bei den anderen Typen der Epidermolysis bullosa (EB) ist die Blasenbildung bei der Kindler Epidermolysis bullosa (KEB) nicht auf einen Hautbereich beschränkt. Mit etwas mehr als 250 Fällen weltweit ist die KEB der seltenste Typ der EB. Die Vererbung folgt einem autosomal-rezessiven Muster.
Die Erkrankung zeigt sich besonders durch Blasenbildung an Händen und Füßen, eine hohe Lichtempfindlichkeit und eine ungleichmäßige Ablagerung von Pigmenten in der Haut2.
Weitere Informationen zu den vier Krankheitstypen der Epidermolysis bullosa sind unter Symptome und Verlauf und Prognose zusammengestellt.
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Symptome und Folgeerkrankungen
Wie äußert sich die Epidermolysis bullosa?
Die Epidermolysis bullosa (EB) tritt typischerweise durch schmerzhafte Blasen und zum Teil durch große oberflächliche Wunden in Erscheinung. Diese können bereits durch minimale mechanische Einwirkungen entstehen. Die EB äußert sich jedoch nicht immer auf die gleiche Weise, denn die Ausprägung der Symptome und der Schweregrad unterscheiden sich je nach Krankheitstyp und vorhandenem Subtyp. So ist die Blasenbildung und Schädigung der Haut bei lokalisiertem Subtyp eher örtlich begrenzt, wohingegen bei intermediären und vor allem schweren Subtypen auch ausgedehnte Wunden über den gesamten Körper möglich sind.
Durch die stete Schädigung der Haut können zudem Flüssigkeiten und auch Proteine entweichen1-3. Um diesen Verlust auszugleichen, haben die Betroffenen häufig einen erhöhten Nährstoffbedarf, der durch eine individuell abgestimmte Ernährung ausgeglichen werden muss. Darüber hinaus wird die Nahrungsaufnahme in schweren Fällen durch eine Blasenbildung auf der Mundschleimhaut und in der Speiseröhre erheblich behindert4,5.
Abhängig vom Krankheitstyp und der Erkrankungsschwere kann die EB zahlreiche Komplikationen und Folgeerkrankungen nach sich ziehen. Dazu gehören beispielsweise mögliche Infektionen und Narbenbildung der Haut sowie Gewebeschäden. Bei schweren EB-Subtypen ist die Erkrankung am ganzen Körper bemerkbar und kann sich auf zahlreiche weitere Gewebe und Organe ausweiten. Man spricht in diesen Fällen von einer Multisystembeteiligung2.
Welche Komplikationen und Folgeerkrankungen sind möglich?
Die Hauptsymptome der Epidermolysis bullosa (EB) – die Bildung sichtbarer Blasen und die oberflächliche Schädigung der Haut – stellen für die Patient*innen nur einen (wenn auch wesentlichen) Teil der tatsächlichen Krankheitslast dar. Denn der lebenslange und meist fortschreitende Krankheitsverlauf bringt häufig schwere Komplikationen und Folgeerkrankungen mit sich. Diese können nicht nur die Haut und Schleimhäute betreffen, sondern auch in anderen Bereichen des Körpers auftreten. Ärzt*innen sprechen in diesen Fällen von einer multisystemischen Beteiligung. Betroffene mit solch schweren Krankheitsverläufen haben nicht nur eine erhöhte psychosoziale Belastung, sondern auch eine höhere Sterblichkeit1. Die Symptome und Komplikationen der EB können sehr unterschiedlich sein und ihre Ausprägung von Mensch zu Mensch variieren. Es ist auch möglich, dass sie überlappen, da die Typen der EB ähnliche oder sich überschneidende Beschwerdebilder aufweisen können.
Infektionen
Zu den häufigsten Komplikationen zählen Infektionen der Wunden. Diese treten insbesondere bei Betroffenen mit starker Hautbeteiligung oder chronischen Wunden auf. Bleiben solche Infektionen unbehandelt, kann es schlimmstenfalls zu Entzündungen kommen, die in die tieferen Hautschichten vordringen und zu einer Blutvergiftung führen können. Da zur Behandlung bakterieller Infektionen häufig Antibiotika eingesetzt werden, können antibiotikaresistente Bakterien die Therapie zusätzlich erschweren1. Insbesondere bei Säuglingen mit EB zählen Infektionen zu den häufigsten Todesursachen6. Zur Reduzierung der Infektionsgefahr ist daher eine hygienische Wundversorgung besonders wichtig und stellt einen der Grundpfeiler des Behandlungsmanagements bei EB dar.
Juckreiz und Schmerzen
Die typischen Hautsymptome der EB verursachen starke Schmerzen und Juckreiz, was die Lebensqualität der Betroffenen stark einschränkt. Dennoch sollte Kratzen zur Erleichterung des Juckreizes unbedingt vermieden werden, um weitere Verletzungen der Haut zu vermeiden1.
Dehydration und Elektrolytstörungen
Langanhaltende Entzündungen der Haut oder dauerhaft offene Wunden können dazu führen, dass der Körper Flüssigkeit und damit einhergehend Elektrolyte verliert. Dies kann insbesondere für Säuglinge gefährlich werden und stellt einen relevanten Faktor für die Sterblichkeit in dieser Altersgruppe dar. Menschen mit schweren EB-Typen leiden oft unter einem Eisenmangel, was häufig die Entwicklung von Anämien zur Folge hat1.
Betroffene mit dauerhaften Beschwerden des Magen-Darm-Trakts, insbesondere des Mundraums und der Speiseröhre, leiden häufig unter einer Mangelernährung sowie einer daraus resultierenden Unterernährung. Der Nährstoffmangel kann zu Wachstumsstörungen führen und einen negativen Einfluss auf die Wundheilung haben. Lässt sich die reduzierte Nährstoffaufnahme trotz gezielter Ernährungsberatung und Nahrungsergänzungsmittel nicht ausgleichen, kann mit den behandelnden Ärzt*innen über den Einsatz von Trinknahrung und einer Ernährungssonde beraten werden4.
Augenprobleme
Bei allen EB-Typen sind auch Augenprobleme möglich. Dazu zählen Entzündungen des Lidrandes sowie Schädigungen, Vernarbungen, Fehlwachstum oder Austrocknung der Hornhaut. Bei Menschen mit dystropher, junktionaler oder Kindler EB können außerdem Lidnarben oder ein Auswärtsdrehen der Augenlider auftreten1,7.
Plattenepithelkarzinome
Durch die kontinuierliche Schädigung des Hautgewebes kommt es zu immer wiederkehrenden Entzündungsreaktionen, die langfristig zu einer Umstrukturierung des Gewebes führen können. Dadurch kann die natürliche Barriere der Haut gestört werden und ihre Funktion verlieren. Dies begünstigt die Entwicklung einer Form von aggressivem bösartigem Hautkrebs, dem sogenannten Plattenepithelkarzinom. Dieser Hautkrebs kann bereits im frühen Erwachsenenalter auftreten und ist besonders typisch für Menschen mit rezessiv dystropher EB (RDEB)1. Ein Plattenepithelkarzinom ist oft mit einer schlechten Überlebenswahrscheinlichkeit verbunden und stellt daher die häufigste Todesursache bei RDEB dar8. Auch bei anderen Krankheitstypen wie der junktionalen EB sowie bei schweren Formen der EB simplex und der Kindler EB besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Plattenepithelkarzinoms.
Weitere Komplikationen bei Epidermolysis bullosa
Neben der Entwicklung von aggressivem Hautkrebs zählen auch Herzprobleme wie Erkrankungen des Herzmuskels und Herzschwäche sowie Nierenversagen zu den häufigsten Todesursachen bei Menschen mit schweren EB-Typen1.
Beeinträchtigtes psychisches Wohlbefinden und eingeschränkte Lebensqualität
Die Epidermolysis bullosa (EB) kann die Lebensqualität erheblich einschränken. Besonders die Schmerzen und der Juckreiz der Haut beeinträchtigen den Alltag enorm. Bei Kindern schränkt die Erkrankung das Spielen und andere Freizeitaktivitäten stark ein. Die Sichtbarkeit der Erkrankung und der Vergleich mit anderen können bei den Betroffenen ein negatives Selbstbild hervorrufen und zu einem schlechteren psychischen Wohlbefinden führen. Besonders bei Kindern kann das Aussehen der eigenen Haut starke Schamgefühle hervorrufen9. Dies kann die Entwicklung einer Vielzahl an psychologischen Symptomen begünstigen. Dazu zählen u. a. Depressionen, Ängste und Verhaltensstörungen10.
Durch spezielle Beratungs- und Therapieangebote können Patient*innen und ihre Familien gezielt psychologische Unterstützung erhalten. Besonders in Selbsthilfegruppen merken die Betroffenen, dass sie nicht allein sind. Zudem können dort individuelle Probleme und Erfahrungen geteilt und voneinander gelernt werden. Weitere ausführliche Informationen zur seelischen Gesundheit sind unter Selbstfürsorge und seelische Gesundheit zu finden.
Welche Symptome und Komplikationen sind bei den einzelnen Krankheitstypen der Epidermolysis bullosa möglich?
Epidermolysis bullosa simplex (EBS)1,11,12
Lokalisierte EBS:
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Intermediäre EBS:
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Schwere EBS:
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Junktionale Epidermolysis bullosa (JEB)1,3,11,12
Intermediäre JEB:
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Schwere JEB:
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Dystrophe Epidermolysis bullosa (DEB)1,2,11,12
Lokalisierte DEB (dominant vererbt):
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Intermediäre DEB (dominant vererbt):
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Intermediäre DEB (dominant oder rezessiv vererbt):
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Schwere DEB (dominant vererbt):
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Kindler Epidermolysis bullosa (KEB)1,11-13
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Diagnose
Wie wird die Epidermolysis bullosa diagnostiziert?
Die ersten Symptome einer Epidermolysis bullosa (EB) zeigen sich meist bereits bei der Geburt oder in der frühen Kindheit. Selten wird die Erkrankung erst im Erwachsenenalter sichtbar. Im frühen Stadium der Erkrankung kann die Diagnose selbst für erfahrene Ärzt*innen eine Herausforderung sein. Dies gilt besonders dann, wenn in der Familie noch niemand erkrankt oder keine genetische Veranlagung bekannt ist.
Sobald der Verdacht besteht, dass eine EB vorliegen könnte, werden umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Unter anderem müssen andere Krankheiten ausgeschlossen werden, die in ihrer Symptomatik der EB ähneln1,2. Mithilfe moderner molekularbiologischer Methoden können heutzutage 90 % aller EB-Verdachtsfälle eindeutig diagnostiziert werden2. Darüber hinaus ermöglichen die Methoden eine Unterscheidung der verschiedenen Krankheitstypen und -subtypen. Eine Unterscheidung allein aufgrund der Symptome ist im Säuglingsalter bzw. in der frühen Kindheit aufgrund von teils überlappenden Erscheinungsbildern der Erkrankungsformen nahezu unmöglich3.
Verdacht auf Epidermolysis bullosa – was sind die nächsten Schritte?
Die ersten Schritte der Diagnose sind eine umfangreiche Analyse der Krankengeschichte von Familienangehörigen und die klinische Beurteilung der Patient*innen. Dafür werden in detaillierten körperlichen Untersuchungen (z. B. Orte und Schwere der Blasenbildung, Vorliegen von Nagelbrüchigkeit) sowie Labor- und Bildgebungsverfahren die Symptome und weitere messbare Krankheitszeichen dokumentiert und bewertet. Für eine sichere Diagnose werden anschließend noch spezielle Methoden wie das Immunfluoreszenz-Mapping (IFM) und die Gendiagnostik durchgeführt.
Beim IFM wird bei Neugeborenen mit Verdacht auf eine Epidermolysis bullosa (EB) eine Hautprobe vom Rand einer frischen Blase entnommen. Mithilfe von fluoreszierenden Farbstoffen können dann bestimmte Proteine oder Moleküle in dieser Hautprobe sichtbar gemacht werden2,4. Durch diese Testung kann schnell nachgewiesen werden, ob Proteine, die für die Stabilität und Funktion der Haut benötigt werden, vermindert sind oder gar fehlen, wodurch innerhalb kürzester Zeit und mit vergleichsweise geringem Aufwand Hinweise auf den vorliegenden Krankheitstyp gewonnen werden können1,2. Bei komplizierten Fällen kann zusätzlich die mikroskopische Untersuchung der Haut mithilfe eines Transmissions-Elektronenmikroskops (TEM) erfolgen4.
Für die Gendiagnostik wird der genaue Aufbau der DNA mittels spezieller Methoden bestimmt (Sanger-Sequenzierung oder Next Generation Sequencing [NGS]). Dafür ist eine Blutprobe ausreichend. Bei der Sanger-Sequenzierung wird gezielt nach einem bestimmten Gen gesucht, das mit der EB in Verbindung gebracht wird. So kann die krankheitsauslösende Genmutation identifiziert werden. Dies ist besonders sinnvoll, wenn in der Familie bereits eine bestimmte Genmutation bekannt ist oder ein Verdacht auf ein bestimmtes verändertes Gen vorliegt2,4. Das NGS dagegen ermöglicht es, alle Gene, die eine EB auslösen könnten, gleichzeitig zu untersuchen2. Wird eine Blutprobe mit NGS auf bekannte EB-Gene hin untersucht, kann die endgültige Diagnose und der genaue Subtyp meist gesichert bestimmt werden.
Was geschieht nach der Diagnose?
Die Diagnose Epidermolysis bullosa (EB) ist für Betroffene und ihre Angehörigen ein gravierender Einschnitt in die Lebensplanung und Lebensqualität. Aus diesem Grund werden alle Beteiligten im Anschluss an die gesicherte Diagnose eng betreut und umfassend über die Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt. Weitergehende Informationen sind im Bereich Leben mit EB aufgeführt.
- Bardhan A, Bruckner-Tuderman L, Chapple ILC, et al. Epidermolysis bullosa. Nat Rev Dis Primers 2020;6(1):78
- Has C, Liu L, Bolling MC, et al. Clinical practice guidelines for laboratory diagnosis of epidermolysis bullosa. Br J Dermatol 2020;182(3):574-92
- Prodinger C, Klausegger A, Bauer JW, et al. Molekulare Diagnostik und Therapie der Epidermolysis bullosa. Monatsschrift Kinderheilkunde 2021;9
- DEBRA. Was ist EB? Epidermolysis Bullosa Infografiken. 2024. https://www.ieb-debra.de/wp-content/uploads/Was-ist-Epidermolysis-bullosa-EB.pdf, abgerufen am: 26.07.2024
Verlauf und Prognose
Wie ist der Verlauf und die Prognose der Epidermolysis bullosa?
Die Symptome der Epidermolysis bullosa (EB) treten meist bereits bei der Geburt oder in der frühen Kindheit auf. Nur selten wird die Erkrankung erst im Erwachsenenalter diagnostiziert. Der Krankheitsverlauf kann je nach Erkrankungstyp und dem vorliegenden Subtyp sehr unterschiedlich sein und geht dementsprechend mit mehr oder weniger schweren Symptomen, Komplikationen und Folgeerkrankungen einher1,2.
Wie unterscheiden sich die Prognosen der verschiedenen Krankheitstypen?
Menschen, die an einer lokalisierten Epidermolysis bullosa simplex (EBS) leiden, können mithilfe einer individuell angepassten Wundversorgung und einer guten Strategie zur Schmerzlinderung ein einigermaßen normales Leben führen3. Schwere EBS-Subtypen können hingegen u. a. wegen auftretender Komplikationen und Folgeerkrankungen mit einer verkürzten Lebenserwartung verbunden sein1,4.
Bei Kindern mit schwerer junktionaler EB (JEB) kommt es häufig schon in den ersten zwei Lebensjahren zur Bildung von Blasen im Rachen und in der Speiseröhre. Dadurch bedingt ist die Nahrungsaufnahme erschwert und Mangel- sowie Unterernährung sind die Folge. Durch offene Wunden im Rachen und in der Speiseröhre kommt es verstärkt zu Flüssigkeits- und Elektrolytverlust, weshalb die Kinder unter Eisenmangel leiden und eine Anämie entwickeln können. All dies kann zu starken Wachstumsstörungen, Blutvergiftungen oder Atemversagen führen. Säuglinge mit einer solch schweren JEB überleben selten die ersten zwei Lebensjahre und werden durchschnittlich nur sechs Monate alt5,6. In dieser Patient*innengruppe steht daher eine reine Symptomlinderung im Fokus der Behandlung.
Der Schweregrad der dystrophen EB (DEB) kann variieren, was sich in der Prognose entsprechend widerspiegelt. So erreichen Menschen mit milderer Krankheitsschwere meist ein durchschnittliches Lebensalter. Bei manchen DEB-Subtypen können jedoch Langzeitkomplikationen wie Nierenprobleme oder aggressiver Hautkrebs, das sogenannte Plattenepithelkarzinom, auftreten, was die Lebenserwartung beeinträchtigt. Menschen mit schwerem rezessiv-dystrophen EB-Typ haben ein besonders hohes Risiko, noch vor dem 45. Lebensjahr an einem Plattenepithelkarzinom zu versterben3,7,8.
Menschen mit einer Kindler EB (KEB) weisen in der Regel keine verkürzte Lebenserwartung auf. Jedoch besteht bei den Betroffenen ebenfalls das Risiko, im Erwachsenenalter ein Plattenepithelkarzinom zu entwickeln, was die Lebenserwartung verringern kann7,9,10.
- Bardhan A, Bruckner-Tuderman L, Chapple ILC, et al. Epidermolysis bullosa. Nat Rev Dis Primers 2020;6(1):78
- Has C, Liu L, Bolling MC, et al. Clinical practice guidelines for laboratory diagnosis of epidermolysis bullosa. Br J Dermatol 2020;182(3):574-92
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Therapie
Wie kann die Epidermolysis bullosa behandelt werden?
Trotz einiger Fortschritte in der Forschung gibt es derzeit keine Heilung für die Epidermolysis bullosa (EB). Die Seltenheit der Erkrankung und die vielfältigen Symptome machen die Behandlung zu einer besonderen Herausforderung. Daher ist es wichtig, dass Ärzt*innen verschiedener Fachbereiche (z. B. Humangenetik, Pädiatrie, Dermatologie) eng zusammenarbeiten1.
Im Fokus der Therapie steht eine Linderung der Symptome. Dazu zählen eine umfassende Wundversorgung, die Vorbeugung von Infektionen, ein individuell angepasstes Schmerzmanagement und die Vermeidung neuer Wunden. Es ist außerdem wichtig, die durch die Krankheit verursachten Komplikationen, wie z. B. den oft schwer behandelbaren Juckreiz, sowie mögliche Folgeerkrankungen richtig zu behandeln. Eine begleitende psychosoziale Unterstützung der Betroffenen und ihrer Familien ist ebenso notwendig und sinnvoll2-4.
Wie können Wunden versorgt und Schmerz behandelt werden?
Da die Bildung schmerzhafter Blasen und offener Wunden bei nahezu allen Typen der Epidermolysis bullosa (EB) im Verlauf der Erkrankung auftritt, stellt eine optimale Wundversorgung einen wichtigen Grundpfeiler im Behandlungsalltag der Betroffenen dar.
Für die Behandlung oberflächlicher Wunden bei Menschen mit dystropher oder junktionaler EB wurde im Juni 2022 ein Gel zugelassen, das auf Extrakten der Birkenrinde beruht und bei regelmäßiger Anwendung verschiedene Phasen der Wundheilung unterstützen kann6-8.
Neben der Wundversorgung ist auch die Schmerzlinderung von zentraler Bedeutung für die Lebensqualität der Betroffenen. Akute Schmerzen, die vor allem während des Verbandswechsels auftreten, können mit klassischen Schmerzmitteln wie Ibuprofen und Paracetamol behandelt werden. Zusätzlich helfen psychologische Maßnahmen und Strategien zur Schmerzvermeidung und dem Umgang mit Schmerzen, die Belastung für die Menschen zu reduzieren. Die Behandlung chronischer, d. h. dauerhaft anhaltender Schmerzen unterscheidet sich maßgeblich von der Behandlung akuter Schmerzen9,10.
Umfangreiche Informationen und Hinweise zur Wundversorgung, zum Verbandswechsel und zum Umgang mit Schmerzen bei EB sind im Bereich Leben mit EB zusammengestellt.
Wie kann Infektionen vorgebeugt werden?
Durch die offenen Wunden und die Empfindsamkeit der Haut sind Betroffene anfällig für bakterielle Infektionen. Daher spielen die Behandlung und Vorbeugung von Infektionen bei Menschen mit Epidermolysis bullosa (EB) eine große Rolle2. Insbesondere bei schweren Krankheitsverläufen ist das Risiko hoch, dass ausgeprägte und langanhaltende Infektionen zu Wundheilungsstörungen und Chronifizierungen führen können11.
Der wichtigste Punkt bei der Infektionsvorbeugung zuhause sind angemessene hygienische Bedingungen beim Verbandswechsel. So sollten die Hände vor der Wundversorgung immer ausgiebig desinfiziert werden. Außerdem sollten alle Materialien, die direkten Kontakt zu Blasen oder Wunden haben, idealerweise steril sein oder – falls das nicht möglich ist – unbedingt desinfiziert werden2.
Nach dem Entfernen der alten Verbände sollten die Wundverhältnisse beurteilt werden, um zu entscheiden, ob eine zusätzliche Reinigung bzw. Desinfektion erforderlich ist und ob Wundreste entfernt oder Blasen geöffnet werden müssen. Bei Unsicherheiten bezüglich der Wundsituation oder bei ungewöhnlicher Geruchsbildung sollte ein Pflegedienst oder der*die behandelnde Ärzt*in kontaktiert werden.
Bei einer akuten Infektion können regelmäßige sanfte Bäder mit antibiotischen Waschlotionen oder die Anwendung von antibiotischen Cremes hilfreich sein. Allerdings sollte die Anwendung antibiotischer Produkte auf kurze Zeitabschnitte begrenzt werden, um die Entwicklung resistenter Bakterien zu verhindern4,12.
Wie kann der Juckreiz bei der Epidermolysis bullosa gelindert werden?
Menschen mit Epidermolysis bullosa (EB) leiden häufig auch unter anhaltendem und starkem Juckreiz, was die Lebensqualität zusätzlich stark belastet. Dabei kann leicht ein Teufelskreis aus Kratzen als Reaktion auf den Juckreiz, erhöhter Hautirritation, Blasenbildung bzw. Ausweitung bestehender Wunden und erhöhtem Infektionsrisiko entstehen. Daher widmen Ärzt*innen diesem Symptom besondere Aufmerksamkeit13. Gemeinsam mit den Betroffenen suchen sie nach möglichen Auslösern, die den Juckreiz verursachen bzw. verstärken, und entwickeln im Anschluss individuelle Strategien zur Behandlung.
Neben verschiedenen medikamentösen Therapieoptionen stehen auch nichtmedikamentöse Methoden (z. B. kühlende Mittel) zur Verfügung. Zudem können verschiedene Vermeidungsstrategien bei der Behandlung des Juckreizes unterstützen. So sollten eine Überhitzung oder plötzliche Temperaturschwankungen vermieden werden. Bei einigen Betroffenen können Klimaanlagen oder Ventilatoren hilfreich sein.
Außerdem sollte auf parfümierte Produkte oder enganliegende Wollkleidung verzichtet werden. Zur Reinigung der Kleidung sollten spezielle Waschmittel für empfindliche Haut verwendet werden. Darüber hinaus ist es ratsam, allergiefreie und leichte Materialien für Kleidung und Bettwäsche zu wählen. Entspannungstechniken oder andere Methoden zur Stressbewältigung sind ebenfalls hilfreich, den Teufelskreis zwischen Juckreiz und EB zu unterbrechen14.
Welche zukünftigen Therapiemöglichkeiten werden aktuell erforscht?
Aufgrund der vielen verschiedenen Typen bzw. Subtypen von Epidermolysis bullosa (EB) mit ihren vielfältigen Symptomen ist die Therapie der Erkrankung sehr anspruchsvoll. Daher konzentriert sich die Forschung auf neue Behandlungsansätze, die auf die jeweiligen Ursachen der verschiedenen EB-Typen abzielen. Die Grundlage für die Entwicklung neuer Therapieansätze ist dabei immer ein besseres Verständnis für die Mechanismen der Erkrankung. Für die Patient*innen ist es besonders wichtig, dass verbesserte Therapien die Wundheilung fördern, die Schmerzen und den Juckreiz reduzieren und so die Lebensqualität verbessern können15.
Im Folgenden ist ein kleiner Ausschnitt der aktuell erforschten Therapien aufgelistet. Diese setzen an verschiedenen Stellen der Krankheitsentstehung an.
Gentherapie: Die Krankheitsentstehung der EB beruht darauf, dass wichtige Verbindungs- und Stabilisierungsstrukturen zwischen verschiedenen Haut- und Gewebeschichten in ihrer Anzahl verringert sind oder ganz fehlen. Gentherapeutische Behandlungsstrategien versuchen durch das gezielte Einbringen funktionstüchtiger Gene die Bildung dieser Proteinstrukturen zu stimulieren, um dadurch eine Stabilisierung und Heilung der Haut zu erreichen. So wird aktuell eine Creme untersucht, die mit einem speziellen Gen angereichert ist, das bei Menschen mit dystropher EB fehlt. Durch das Auftragen der Creme auf die Wunde wird die Bildung der wichtigen Strukturproteine angeregt16.
Proteintherapie: Im Vergleich zur Gentherapie werden bei der Proteintherapie nicht die Gene, sondern direkt die benötigten Proteine eingesetzt. Ein solches Strukturprotein ist zum Beispiel Kollagen. Aktuell wird untersucht, ob das direkte Auftragen oder die Injektion eines künstlich hergestellten Kollagens die Wundheilung bei EB-Patient*innen fördern kann17.
RNA-basierte Therapie: Diese Therapie zielt darauf ab, mutierte DNA-Abschnitte gezielt zu verändern oder zu entfernen. Dadurch soll dann die Bildung funktionsfähiger Strukturproteine angeregt werden18.
Zellbasierte Therapie: Bei dieser Therapiestrategie werden bestimmte Zellen gezielt stimuliert. Da die Zellen Eigenschaften haben, die auf das Immunsystem einwirken und so beispielsweise die Bildung antientzündlicher Botenstoffe fördern, können sie zur Reduktion von Entzündungen beitragen und die Heilung der Haut unterstützen19.
Modifizierende Therapie: Durch die langanhaltenden und immer wiederkehrenden Entzündungen bei Menschen mit EB kann das Gewebe an den betroffenen Hautstellen mit der Zeit verdicken und vernarben. An dieser Stelle setzt ein weiterer Forschungsansatz an. Dabei wird der Verdickung des Gewebes durch spezielle Substanzen gezielt entgegengewirkt20.
Wie wichtig ist die psychologische Unterstützung?
Eine unheilbare Erbkrankheit fordert von allen direkt und indirekt Betroffenen viel. Häufig wird die Belastungsgrenze der Beteiligten überschritten. Kaum jemand hat genügend Stärke und Mut, eine so ausgeprägte Stressresistenz und emotionale Widerstandskraft, diese Herausforderung allein zu meistern. Deshalb ist es wichtig, rechtzeitig Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Ein psychologisches und emotionales Netz hilft, einen gesunden Kopf zu bewahren, was bei der EB unglaublich wichtig ist. Weitere Informationen und Tipps sind auch unter Seelische Gesundheit und Selbstfürsorge zusammengestellt.
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